Berne anno dazumal - Berne heute
Nach Texten von Gerold Meiners
In der südlichen Wesermarsch, begrenzt durch die Weser im Osten, die Hunte im Norden und dem Moor im Westen, präsentiert sich die herrliche Landschaft der Stedinger Marsch. Saftige grüne Wiesen, Natur satt, flaches Land soweit das Auge reicht und Deiche, die scheinbar kein Ende haben. Das alles sah im Jahre 1063 noch ganz anders aus. Damals nämlich verschenkte Kaiser Heinrich IV. das unbrauchbare, ungeschützte Sumpfland westlich der Weser an die bremische Kirche. Der Erzbischof Adalbert erteilte den nach und nach zugewanderten Flamen und Holländern die Genehmigung zum Anbau im freien erblichen Besitz nach Holländerrecht. Zum Schutz gegen die ständige Bedrohung durch das Hochwasser wurde ca. 100 Jahre später von den Stedingern mit dem Deichbau begonnen.
In der Vorläuferin der Berner St. Ägidiuskirche protestierten die alten Stedinger zu Beginn des 13. Jahrhunderts gegen das feudale Regiment ihres Landesherrn, des Erzbischofs Gerhard II. von Bremen, erreichten damit aber nur noch härteren Druck und mussten sich in aller Welt als Ketzer schmähen lassen. Als der Kirchenfürst sie mit Waffengewalt in die Knie zu zwingen versuchte, konnten die tapferen Bauern sich anfangs noch erfolgreich zur Wehr setzen, aber von dem im Jahre 1234 heranrückenden übermächtigen Kreuzfahrerheer wurden sie in der Schlacht bei Altenesch grausam niedergemetzelt. Hunderte von Gefallenen wurden in Massengräbern bei den Kirchen Süderbrook, Warfleth und Berne beigesetzt. Die Sieger nahmen das Land in Besitz. Nur wenige überlebende Stedinger durften auf ihren Höfen bleiben, jedoch nur als Knechte oder als Pächter.
Die Kirche in Berne, in der die als Ketzerei ausgelegte Aufmüpfigkeit begonnen hatte, ließ der Erzbischof schleifen. Nur der Turm und die Nordmauer blieben erhalten und wurden Bestandteile eines imposanten Neubaus in einem völlig anderen Stil. Die als Siegesdenkmal anmutende neue Hallenkirche dient seitdem Siegern und Besiegten als gemeinsames Gotteshaus.
Wie der Alltag im Stedingen damals aussah, das lässt sich heute nicht mehr genau beschreiben. Fest steht nur, dass sehr hart gearbeitet werden musste. Die Deiche verlangten ständige Wartung, und wegen der fast alljährlich wiederkehrenden Überschwemmungen durch Oberwasser war man gezwungen, die Entwässerungsanlagen unablässig auszubauen und zu verbessern. Missernten infolge von Deichbrüchen, Überschwemmungen und Mäuseplagen stürzten die Stedinger häufig in jahrzehntelange bittere Not, aber unerschrockenes Ausharren und eiserner Fleiß lohnte sich schließlich doch. Aus dem einstigen Sumpfgebiet entwickelte sich allmählich ein fruchtbares Marschenland. Viehzucht und Ackerbau wurden gleichermaßen betrieben. Die Getreideernten reichten zwar nur für den Eigenbedarf, aber das Rindvieh gedieh so prächtig, daß der Export ins Oberland bescheidenen Wohlstand und bisweilen sogar üppigen Reichtum bescherte.
Ein wahres Volksfest war der Berner Markt, der bereits 1601 von Graf Anton ausgeschrieben wurde und demnach eine längere Tradition als der Oldenburger Kramermarkt hat. Nicht nur Kram und Flitter, sondern auch Gesang, Spiel und Tanz lockten viele Besucher an. Berne verwandelte sich an diesen Tagen zu einer bunten Szenerie des Frohsinns.
Der Berner Markt war der Höhepunkt des Jahres, aber auch in der übrigen Zeit wurde Geselligkeit gepflegt. Die sogenannten Honoratioren schlossen sich davon keineswegs aus. Amtmann, Amtsrichter, Bürgermeister, Mühlen- und Ziegeleibesitzer und besonders die vornehmen Bauern, die sich nicht selten Ökonomen titulierten, gaben den abendlichen Veranstaltungen immer einen noblen Glanz.
Als nach dem Bau der Eisenbahn im Jahre 1870 die Rindviehausfuhr erleichtert wurde und nach der Gründung der Stedinger Molkerei die Milchwirtschaft einen großen Aufschwung nahm, ging der Ackerbau allmählich zurück und ist heute kaum noch anzutreffen.
Anders als auf den Marschbauernhöfen lagen die wirtschaftlichen Verhältnisse im Moorbezirk. Als die Marschbauern schon recht wohlhabend waren, sich Knechte und Mägde leisten konnten, mussten die Moorbauern sich noch mit Torfgraben abplacken, um einerseits mit dem Verkauf des Torfes etwas Bargeld zu verdienen und andererseits auf den abgetorften Flächen Acker- und Weideland zu gewinnen.
Im sogenannten Deichbezirk entlang der Weser wohnten neben den Bauern zahlreiche Fischer, Kahnschiffer und Seefahrer. Einige von ihnen gingen schon vor 200 Jahren dazu über, ihre Boote selbst zu bauen. Das dabei entwickelte Geschick ermöglichte es ihnen, die Schiffahrt aufzugeben und sich nur noch mit dem Bootsbau und nebenbei mit etwas Landwirtschaft zu befassen. Ihre haltbaren, sicheren und formvollendeten Boote fanden bald Kaufinteressenten im gesamten Fluss- und Küstenrevier. Es etablierten sich daraufhin zahlreiche kleine Bootsbaubetriebe und Schiffswerften, auf denen Ruderboote, Schaluppen, Kähne und sogar Segelschiffe gebaut wurden.
Die bis heute erhalten gebliebenen mittelgroßen Betriebe, die sich modernen Forderungen, z.B. der Metall- und Kunststoffbauweise, anpassen konnten, fabrizieren Jachten und Spezialschiffe jeglicher Art für Auftraggeber aus aller Welt.
Heute hat sich Berne zu einer modernen aufstrebenden Gemeinde in der südlichen Wesermarsch entwickelt. Durch weitsichtige Politik wurde Berne zu einem interessanten Wirtschafts-, Dienstleistungs- und Wohnstandort zwischen Bremen und Oldenburg. Im Jahr 2002 wurde ein zukunftsweisendes Baugebiet im Zentrum des Ortes erschlossen. Dieser Entwicklung wurde mit dem Bau eines neuen Kindergarten und einer neuen Grundschule am Rande dieses Neubaugebietes Rechnung getragen. Die neue Sporthalle rundet das Angebot ab. Es sind die Berner Bürgerinnen und Bürger, die dem Ort sein heutiges Flair und die Ausstrahlung verliehen haben.
Geruhsames Landleben und doch spürt man die Stadtnähe, sportliches Mekka, Rathaus und Kirche im Zentrum, die Pflege der alten Traditionen und die fortschrittliche Entwicklung - alles friedlich nebeneinander. Die Lebensqualität in der Gemeinde Berne zeigt sich in behaglichen Häusern, Gärten, Wanderwegen, der Schönheit der Landschaft und der Gemütlichkeit von Gasthäusern und Restaurants. Wer die Ruhe in der Natur sucht, kann diese bei Ausflügen per Fahrrad durch die Marsch und das Moor erfahren. Der Weser-Radweg und auch die Deutsche Sielroute führen durch das Stedingerland und zeigen dem Besucher die Schönheit der weiten Landschaft.
Doch Berne bietet dem Besucher sowie ihren Einwohnerinnen und Einwohnern noch einiges mehr:
Kanuwandern auf dem idyllischen Flusslauf der Ollen, wegen der vielen Wasserläufe und Brücken wird das Stedingerland auch gerne als das „Venedig der Wesermarsch“ bezeichnet, Reitwanderweg in Bettingbühren, Naturexpeditionen im Landschaftsschutzgebiet Warflether Sand oder im Bereich Juliusplate auf der Suche nach der seltenen Schachbrettblume, der Bohlenweg von 129 v. Chr. im Naturschutzgebiet „Witte Moor“, die Storchenpflegestation im Ortsteil Glüsing, sehenswerte Kirchen : in Berne St. Aegidius 11.-13.Jh., in Neuenhuntorf St. Marien 1489 und in Warfleth St.Marien aus dem 15. Jh., oder das Grab Münnich auf dem Friedhof in Neuenhuntorf.
Strand- und Wasserfans finden immer einen Platz am weißen Wesersandstrand im Ortsteil Juliusplate. Hier kann man die vorbeiziehenden Schiffe betrachten oder bei angenehmer Temperatur eine Abkühlung in den Fluten der Weser wagen. Ein Spaziergang am Wasser ist jedoch zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter eine Empfehlung. Hier an der Weser liegt auch der Campingplatz Juliusplate, der im Sommer für alle Camper aus nah und fern die Tore offen hält.
Doch auch im Frühjahr, Herbst oder Winter ist die Gemeinde Berne eine Reise wert.
Im Hotel oder in den verschiedenen Gasthöfen ist für den Gast sicher noch ein Bett frei, leckerer Grünkohl oder vielleicht ein steifer Grog und liebevolle Gastgeber warten schon auf Sie. Also auf nach Berne -Sie sind uns immer herzlich willkommen !
Weitere Informationen enthalten die Buchveröffentlichungen von Gerold Meiners:
1. „Chronik der Stedinger Schulen“, 360 Seiten, Kayser Verlag , Oldenburg.
2. „100 Jahre Stedinger Molkereigenossenschaft Berne“, 76 Seiten
3. „Geschichte des Entwässerungsverbandes Stedingen“, 100 Seiten
4. „Stedingen und die Stedinger“, 392 Seiten, Verlag H.M. Hauschild GmbH, Bremen
5. „Berne – Amt und Vogtei in Stedingen“, Isensee - Verlag
Viele interessante Informationen zu Berne & Stedingen finden Sie auch auf den Webseiten des gebürtigen Berners "Ulf Neundorfer"!